Kürzlich, auf einer Veranstaltung für hochsensible Menschen erzählte ein Teilnehmer von seinem beruflichen Werdegang: er hatte bereits als Kind in der Schule gespürt, dass ihm vieles zu laut, zu überwältigend und zu grell war und nach dem Abitur begonnen Jura zu studieren. Er nahm an, dass er in diesem Bereich später in kleinen Gruppen würde arbeiten, seinen Sinn fürs Detail und Gerechtigkeit würde einsetzen können.
Das Studium verlief entspannt bis zum Referendariat, in dem er mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun hatte, es viele Ortswechsel, Regeln und Anweisungen gab und er äußerst großem Druck ausgesetzt war.
Er bestand das Referendariat zwei Mal nicht und gestand sich ein, dass er für diese Art der Arbeit nicht geschaffen war: extremer Leistungs- und Zeitdruck, hohe Erwartungshaltung, ständiges Getrieben sein erschöpften ihn. Er konnte unter diesen Umständen sein Potential nicht entfalten.
Neben Schule und Studium hatte er viele Jahre Nachhilfe gegeben und plötzlich erkannte er, dass diese Art der Arbeit ihm entsprach und Spaß machte:
– selbst gestalten
– Empathie und Talente einsetzen
– den ihm entsprechenden Tagesablauf wählen können
– junge Menschen motivieren etc.
All dies sind Dinge, die für besonders sensible, feinfühlige und wahrnehmungsstarke Menschen essentiell wichtig sind.
Mich hat diese Geschichte sehr berührt. Beeindruckt hat mich aber auch, dass dieser Teilnehmer in relativ jungen Jahren verstanden und umgesetzt hat, welche Form der Arbeit ihm guttut, welches Umfeld er braucht und wie er sich selbst schützen kann.
Ich hätte mir gewünscht, dies auch so früh zu erkennen, das hätte mir einige Krisen erspart.
Das ist unter anderem meine Motivation, gemeinsam mit einer Kollegin, zwei mal jährlich die „Visionswerkstatt für Jugendliche und junge Erwachsene“ anzubieten. Unser Anliegen ist, dass junge Menschen sich früh mit ihren Stärken, Talenten und Fähigkeiten auseinandersetzen, jedoch auch erkennen, welches Arbeitsumfeld ihnen entspricht. Quasi als frühe Burnout-Prävention.
Wir hätten uns damals (und das ist schon ein paar Jährchen her) Unterstützung gewünscht – und zwar nicht nur im Sinne von Berufsorientierung durch Lehrer oder Berufs- und Studienberatung, sondern ganzheitlich, tiefgehend. Ein Wochenende, um hinzuschauen und hinzuspüren, was uns ausmacht, was in uns schlummert und wohin unsere Reise uns führen könnte. Und dies in einer kleinen Gruppe wohlwollender und wertschätzender Gleichaltriger, die sich in einer ähnlichen Lebensphase befinden.
Details zur Visionswerkstatt findet Du HIER