Es fällt mir gerade nicht ganz leicht, folgende Zeilen zu schreiben, aber dennoch wollen sie hinaus: ich fühle mich gerade erschöpft und einsam, bin oft traurig und spüre, wie hinter meinen Augenlidern die Tränen lauern, bereit, jeden Moment hinauszuströmen. Oft in Momenten, in denen es mir unpassend erscheint, weshalb ich sie meist zurückhalte.
Tränen fließen zu lassen, erlaube ich mir in der Regel vor allem, wenn ich allein bin.
Doch „jede Träne, die nicht fließen darf, stellt sich hinten wieder an“, habe ich vor ein paar Tagen irgendwo gelesen. Und es stimmt. Je mehr ich versuche, die Tränen zurückzuhalten, desto drängender scheinen sie zu werden, desto intensiver wollen sie hinaus.
Warum nur ist es mir so unangenehm, vor anderen in Tränen auszubrechen?
Wahrscheinlich hängt es mit meinem Gefühl zusammen, anderen nicht zur Last fallen zu wollen oder zu dürfen. Wenn ich mich mit meiner Traurigkeit und meinen Tränen zeige, glaube ich, andere dazu zu nötigen, sich um mich zu kümmern und sie dadurch in Verlegenheit zu bringen.
Schließlich habe ich mir seit Kindertagen antrainiert, stark zu sein, zu wissen, wohin mein Weg führt. Und mir nicht zu sehr anmerken zu lassen, wie es mir tatsächlich geht. Keiner soll sehen, dass ich eigentlich schwach bin und nur so tue, als sei ich stark…
Mitte dieses Monats, nach einem Gespräch mit einer Coachingkollegin und Freundin, schrieb sie mir im Nachgang, dass sie es so schön fände, dass ich mich nun verletzlich zeige. In dem Gespräch hatte ich geweint und erzählt, wie es mir gerade geht. Ich hatte mir erlaubt, Raum einzunehmen und diese Gefühle, die gerade präsent sind, zuzulassen, anstatt sie immer wieder beiseitezuschieben und zu deckeln.
Die Worte meiner Freundin haben mich sehr berührt. Es ist so heilsam, Gefühlen Raum zu geben, den dahinterliegenden Schmerz zu spüren, anzuerkennen und zuzulassen.
Und gestern hatte ich eine weitere heilsame Erkenntnis: zwei Kolleginnen (die ich mittlerweile auch als Freundinnen bezeichne) und ich trafen uns zu einer „Kollegialen Fallbesprechnung“. Auch hier flossen Tränen, als ich erzählte, wie es mir momentan geht – und beide weinten mit mir. Was für ein besonderer Moment voller Mitgefühl und Verbundenheit.
Als ich später davon sprach, dass ich glaube, es ginge mir gerade nicht so gut, weil ich kein konkretes Ziel vor Augen hätte, meinte eine der beiden lächelnd: „Heilung ist übrigens auch ein Ziel…“.
Plötzlich wird mir auch wieder klar, warum es mir ein so großes Anliegen ist, als Coachin traumasensible Räume für feinfühlige Frauen zu schaffen – weil ich selbst weiß, wie notwendig und heilsam Verbundenheit ist, wie essenziell, sich zeigen zu dürfen, Raum einzunehmen, Schmerz zuzulassen.
Und ich erkenne immer mehr, dass auf diesem Heilungsweg auch der Körper und das Nervensystem eine wichtige Rolle spielen. All der alte verkörperte Schmerz, der in unseren Zellen sitzt, will transformiert werden. Wir, unser Nervensystem, benötigen Sicherheit, um zu gesunden.
Während ich Dir all dies schreibe, spüre ich, dass es leichter wird und heller. Mich mitzuteilen, ich sein zu dürfen, ist heilsam. Und ich hoffe, dass ich Dich ermutige, es mir gleichzutun. Es ist ein Prozess, fang klein an.
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Alles Liebe zu Dir
Deine Myriam