Meine Woche war geprägt von einer Art Mutausbruch.
Obwohl ich bis zum Vorabend des anstehenden Termins, ja eigentlich bis zu dem Moment, in dem ich zum Schulentwicklungstag aufbrach, darüber nachdachte, mit welcher Ausrede ich diesen Termin doch noch würde absagen können. Vielleicht einfach krankmelden? Es ist Herbst, stürmisch, schon ein wenig kühler – da kann man sich durchaus ganz plötzlich eine Erkältung einfangen…
Mein Nervensystem rebellierte, mein Verstand versuchte mir einzureden, dass ich das doch weiterhin bleiben lassen könne; jetzt, mit 52 brauche ich eigentlich nicht mehr anzufangen mit solchen Dingen, schließlich habe ich mich jahrelang vor solchen Erlebnissen gedrückt.
Und trotzdem war da dieser tiefe innere Wunsch es zu tun. Mit diesem Thema rauszugehen, meine Geschichte zu erzählen, aber vor allem aufzuklären, was unterstützen kann, um einer Erschöpfungsdepression vorzubeugen. Auf meine Weise – sanft, klar, ermutigend. Ohne viele Zahlen, Daten, Fakten.
Vor einigen Monaten bekam ich das Angebot, auf einem Schulentwicklungstag einen bzw. vier Workshops zum Thema Burnout für Lehrende zu gestalten. Ich bewarb mich, wurde angenommen – und prokrastinierte noch ein bisschen. Ich hatte ja noch Zeit.
Hin und wieder beschlich mich Nervosität, wenn ich an den Workshop dachte; dann schob ich die Gedanken schnell beiseite, es lagen ja noch einige Wochen vor mir bis zu dem Termin.
Seit meiner frühen Jugend begleitete mich – mal ausgeprägter, mal weniger stark – eine Sozialphobie. Ich hatte in der Schule oft erlebt, dass ich aufgerufen wurde und die Antwort nicht (schnell genug) wusste. Dass ich nach vorne an die Tafel gerufen wurde und „versagte“. Dieses tiefe Gefühl des Versagens und Bloßgestellt-Werdens in einem Gruppenkontext brannte sich tief in mir ein. Ich fühlte mich dumm – und trug viele Jahre den Glauben in mir, dass ich einfach nicht dafür geschaffen sei, vor Gruppen zu sprechen. Und ich vermied, wo nur immer ich konnte, dies zu tun.
Wie meist, sind Wahrheit und Thematik jedoch komplexer. Wie bei vielen Frauen, prägten sich auch mir vor allem die negativen Erlebnisse ein. Ich vergaß seltsamerweise all die Momente, in denen ich in der Schule tolle Antworten gab, spannende Referate hielt, gute Noten bekam, im privaten Umfeld eloquent war…
Irgendwann, vor etwa zwei Wochen, begann ich mit der Ausarbeitung des Workshops. Es machte richtig Spaß, tief in das Thema Burnout und Prävention einzutauchen, Fragen auszuarbeiten, die ich den Lehrenden stellen wollte, um gemeinsam in einen Austausch zu gehen; sie auch mitzunehmen auf meine eigene Reise.
Während der Vorbereitung wurde mir klar: ich habe im Laufe der letzten 15 Jahre ein großes Wissen im Bereich psychosomatischer Erkrankungen, insbesondere Burnout und Depression gesammelt, das ich gerne weitergeben möchte, das rausgetragen darf in die Welt. Vor allem im Sinne der Prävention und Rückfallprophylaxe. Und, um die Scham zu überwinden. Um wieder hinzuspüren, was uns ausmacht und was wir eigentlich brauchen, um gesund zu bleiben.
Aber zurück zum Mutausbruch 😊
🟢 Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich mich nicht krankgemeldet oder eine andere Ausrede erfunden habe, um diesen Workshop nicht zu halten.
🟢 Ich habe vor dem Termin beschlossen, mich vom Perfektionismus zu verabschieden, etwas, über das ich dann auch in meinem Vortrag gesprochen habe. Tut nicht gut, erschwert so viel.
🟢 Ich habe mich entschieden, nicht perfekt, aber authentisch zu sein – und mich nicht innerlich zu strafen, wenn ich beispielsweise den Faden während des Vortrags verlieren oder etwas anderes Unverhofftes passieren sollte (ich sage nur Technik & Co.).
Und was soll ich sagen? Alles hat wunderbar geklappt.
Nach anfänglicher Nervosität war ich entspannt, gelassen und habe frei gesprochen. Ich habe wundervolles Feedback von den Teilnehmenden bekommen und einige von ihnen haben per Mail um Zusendung der Präsentation gebeten.
Warum schreibe ich Dir das alles?
📌 Weil ich Dich ermutigen möchte, für die Dinge zu gehen, die DU in die Welt hinaustragen möchtest. Selbst, wenn es Dir Angst macht. 📌
Von Rainer Maria Rilke stammt folgendes Zitat: Wenn die Sehnsucht größer als die Angst ist, wird Mut geboren. Ohne Sehnsucht machen wir uns nicht auf den Weg.
Lass uns gemeinsam mutig sein, ausgetretene Pfade verlassen und uns auf neue Wege machen, unserer Sehnsucht folgen.
Es tut so gut, mutig zu sein. Und einmal mehr habe ich erfahren: Mut wird immer belohnt. Denn aus diesem Workshop hat sich wiederum etwas schönes Neues ergeben! Davon hoffentlich bald mehr!
Übrigens habe ich richtig Lust bekommen, noch mehr Workshops zu halten – etwas, das ich bis letzte Woche wirklich nicht für möglich gehalten hätte!
Sorge gut für Dich, du Liebe ❤️